Nextcloud im Einsatz – ein Erfahrungsbericht

Von | 1. August 2020

Vorgeschichte

Ich bin seit Jahren auf der Suche nach Cloud-Diensten, die ich selbst hosten kann und die damit datenschutzrechtlich zumindest kontrollierbar sind. Von mehr möchte ich gar nicht sprechen 😉

Und so beschäftige ich mich schon lange zuerst mit SpiderOak und Co, dann mit OwnCloud und dann mit dessen Fork und inzwischen dem Platzhirschen in dem Bereich: Nextcloud. Mein letzter Versuch endete vor knapp einem Jahr mit der Installation einer Nextcloud auf meinem Hosting-Server. Leider hatte ich damals wenig Zeit und so musste das Experiment unterbrochen werden.

Die Wiederaufnahme erfolgte im Mai 2020 (am Höhepunkt (?) der Corona-Krise), als sich die gesamte Edu-Welt auf Cloud-Dienste stürzte und – leider zu oft – fanatisch die einzelnen Angebote gehypt oder gebasht wurden.

Das Test-Szenario

Ich habe Nextcloud 18 auf folgenden Umgebungen installiert und in Betrieb genommen:

  1. Unter Debian 8 in einer VM
  2. Unter Ubuntu auf meinem Root-Server
  3. In meinem SharedHosting-Webspace, auf dem auch dieser Blog läuft.
  4. im Your-StorageShare gehostet von Hetzner.

Die finalen Tests wurden – um mich als Fehlerfaktor weitestgehend 😉 auszuschließen – auf dem kostenpflichtigen Hetzner-Server durchgeführt.

Die UseCases

Ich wollte einen Cloud-Dienst, der zuverlässig und unauffällig alle meine Daten auf all meinen Geräten (laufend unter MacOS, Windows, Android, IOS, IpadOS und [testweise virtualisiert] unter Linux) aktuell hält. Dazu sollte er in alle Betriebssysteme eingebunden sein und z.B. das Teilen von Inhalten ohne Authentifizierung ermöglichen.

Optional wäre noch das Bearbeiten von diversen Dateiformaten online möglich!

Meine Erfahrungen auf Nutzer-Ebene

Was ich berichten kann, soll nicht zuletzt aufgrund des Umfangs kein Tutorial sein und nur die positiven wie die negativen Erlebnisse meinerseits übersichtlich zusammenfassen:

Was mich an Nextcloud begeistert hat…
  • Übersichtlichkeit:
    Man kann das Angebot sofort nutzen und findet alles sehr leicht wieder.
  • Apps für alle Betriebssysteme:
    Für alle genannten OS funktionierte der Client, wenn auch nicht auf dem höchsten technischen Niveau (siehe dazu Was mich gestört hat!)
  • Performance:
    Die Geschwindigkeit des Sync-Prozesses ist konkurrenzfähig und nicht hinter der Konkurrenz.
  • Transparenz:
    Die gesamte Software ist quelloffen und daher weiß ich immer, was mit meinen Daten tatsächlich passiert – zumindest in der Theorie, denn die Middleware spielt bei dieser gefühlten Sicherheit eine ganz entscheidende Rolle. Aber rein rechtlich ist die Situation datenschutztechnisch eindeutig und deutlich weniger problematisch als bei den BigPlayern.
  • Erweiterbarkeit:
    Egal ob Talk, ein Kalender oder ein eigenes Adressbuch oder eine Terminsuche – es gibt fast kein Plugin, das nicht die gesuchte Funktionalität nachrüsten könnte.
  • WebDAV-Standard:
    Durch die Implementierung von Webstandards lassen sich nahezu beliebige Programme an Nextcloud anbinden und sind nicht auf die Entwickler der proprietären Software angewiesen.
  • Markdown als Standard:
    Zugegeben: Das ist etwas nerdig, aber dass alle Texte per default von einem MD-fähigen Editor bearbeitet werden können, freut nicht nur den @derLinkshaender (der mich zum Markdown-Fan gemacht hat), sondern auch mich.
Was mich an Nextcloud genervt hat…
  • Die Update-Politik:
    Die Updates kommen sehr schnell, was an sich sehr löblich ist. Allerdings kommt faktisch kein mir bekannter Anbieter mit diesem Intervall mit, so dass oft mehrere Minor-Updates übersprungen werden, was die kurzen Sprints dann wieder ad absurdum führt. Selbst bei den von mir selbst administrierten Installationen war es schwierig, mit den Zyklen mitzuhalten. Das inzwischen erschienene 19er-Major-Release hab ich dann tatsächlich nicht mehr gemacht. Hetzner übrigens auch erst nach 6 Wochen…
  • (Die Qualität des Codes:)
    Egal, ob ich den DocumentServer in der CommunityEdition installieren oder einfach nur die Appointments-App nutzen wollte: Überall stolpert man über Unfertiges, sucht nach Workarounds und muss nacharbeiten. Von dem (Google- oder Microsoft-)Forms-Nachbau will ich gar nicht reden…
    Aber dieser gesamte Punkt bleibt in meiner Wertung außen vor, da er die UseCases nahezu nicht betrifft!
  • Fehlende Sync-Modi:
    Funktionen wie den Smartsync, wie ihn zum Beispiel Dropbox bietet, um wertvollen Platz auf der SSD zu sparen, bietet Nextcloud (noch) nicht. Damit muss man sich entscheiden, welche Ordner man syncen will. Zwar kein großes Problem, weil sich alles auch schnell via Browser auf den Rechner ziehen lässt, aber das Feature fehlt trotzdem.
  • Die Zuverlässigkeit:
    Ich hatte es immer wieder, dass Dateien, die per AutoUpload z.B. vom Tablet in die Nextcloud gesynct wurden, immer wieder einen Versionskonflikt verursachten, der darin endete, dass die Dateien gesperrt wurden. Eine Recherche (einfach nach “Nextcloud locked files” suchen!) ergab, dass dieses Problem bekannt ist und immer wieder auftritt – wohlgemerkt auch in meiner bezahlten, nicht selbst konfigurierten NC von Hetzner. Die Lösung war mehr oder weniger kompliziert und erforderte mitunter einen Eingriff in die Datenbank oder das (ziemlich lange: ca. 4 Stunden) Abwarten.
    Das bedeutet für mich ein absolutes NoGo und damit einen Dealbreaker.

Mein Fazit:

Ich habe an sich gerne mit Nextcloud gearbeitet und bei der Administration viel Spaß gehabt und auch viel gelernt (gerade über Webserver-Technik unter Linux).

Aber das Ergebnis war frustrierend: Wenn eine Software, deren native Aufgabe es ist, Dateien zwischen verschiedenen Devices zu syncen, diese Aufgabe nicht 100% (Gibt es das überhaupt? Bei mir bei Dropbox und Gdrive bisher tatsächlich, bei OneDrive leider nicht!) erfüllt, ist alles gesagt zu dem Thema. Mag sein, dass mein Szenario mit gefühlt 20 Geräten nicht die Norm darstellt und völlig übertrieben ist, aber die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache! In der aktuellen Version (Stand: 1.8.2020 in Version 18.0.7) möchte ich mit Nextcloud nicht produktiv arbeiten.

Die Kombination aus Boxcyptor (der übrigens problemlos auch mit der NC zusammenarbeitete) und Dropbox ist für mich nach wie vor nicht zu toppen und State-Of-The-Art!

 

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