Erfahrungsbericht: Ebook im Unterricht erstellen

Von | 16. November 2018

Die Weiterentwicklung des Unterrichts ist eine Kernaufgaben eines Lehrers. Dabei befindet man sich – gerade im Zeitalter der digitalen Transformation – permanent auf der Suche. Zahlreiche Angebote, Tools, Web-Services … eröffnen schier  unerschöpfliche Möglichkeiten, die einen immer wieder

verunsichert zurücklassen. Umso mehr ist man auf der Suche nach Orientierung und Informationen.

Sinn dieses Blogposts ist es, Erfahrungen in einer bestimmten Unterrichtsmethode zu reflektieren, zu teilen und dadurch im Dialog mit anderen KollegInnen eine Verbesserung zu erreichen.

Die Vorüberlegungen:

Im Zeitalter der 4K wollte ich herausfinden, inwieweit es möglich und sinnvoll ist, klassische, summative Leistungsnachweise durch solche zu ersetzen, die den Anforderungen der 4K genügen.

Was habe ich gegen klassische Leistungsnachweise? Definitiv zunächst nichts, denn entgegen manch progressiv-avantgardistischer Meinung halte ich solche Tests nicht für kontraproduktiv, sondern lediglich für nicht immer zielführend. Gerade bei gesellschaftswissenschaftlichen, oft mit affektiven Lernzielen operierenden Fächern läuft diese Art der Prüfung ins Leere, werden Fachbegriffe mitunter nur auswendig gelernt, ohne deren Bedeutung zu reflektieren oder deren Wichtigkeit für die weitere persönliche Entwicklung zu sehen.

Gerade im von mir sehr gerne unterrichteten Fach Katholische Religionslehre zeigt sich diese Problematik sehr deutlich.

So war ich auf der Suche nach alternativen Möglichkeiten. Schließlich wurde ich fündig….

Das Ziel:

Dank der Twitter-Community konnte ich mich mit den 4K bekannt machen und bin inzwischen überzeugt davon, dass diese 4K den Weg in Zukunft für unsere Kinder ebnen oder zumindest unterstützen können. Ich wollte also eine Prüfungsform, in der meine Schüler (und damit meine ich immer auch Schülerinnen!) diese 4K nachweisen und anwenden müssen.

Mein Ziel definierte ich so: Schüler sollen selbstverantwortlich, kollaborativ und kreativ ein Produkt erstellen, das die entsprechenden Lehrplaninhalte abbildet und auf das sie stolz sein können.

Die Ausgangssituation:

Ich unterrichte zwei 10. Klassen in Religion. Das aktuelle Thema, das zu Beginn des Schuljahres von den Schülern an Position 1 gesetzt wurde lautete: “Auf dem Weg zur Partnerschaft: Ehe und Familie und christlicher Sicht!”

Alle Schüler verfügen über digitale Endgeräte (im Alltag zumeist Smartphones) und sind dank des MMC unserer Schule in der Lage, diese im Unterricht produktiv einzusetzen. In den einzelnen Unterrichtsstunden wurden die entsprechenden Inhalte erarbeitet und es galt, den Nachweis zu erbringen, dass diese Inhalte auch den Schülern präsent sind.

Wie oben dargelegt wollte ich jedoch nicht auf gewohnte Prüfungsformen wie Extemporale oder Kurzarbeiten zurückgreifen, sondern etwas Neues erproben.

Die gewählte Methode:

Einmal mehr dank der Twitter-Community von engagierten, visionären Kolleginnen und Kollegen lernte ich das Tool BookCreator kennen, ein Web-Angebot, das die Schüler durch einfache Zugänglichkeit bei einer trotzdem hohen Anzahl an Funktionen in die Lage versetzt, ein Ebook zu erstellen.

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Und so entschloss ich mich, als Prüfungsform die Schüler in einzelnen Gruppen jeweils eine Unterrichtseinheit in Form eines Ebook-Kapitels erstellen zu lassen und abschließend diese Arbeit zu einem komplett von der Klasse erstellen Ebook zu fusionieren. Dabei sollten die einzelnen Kapitel nach verschiedenen festen Kriterien bewertet werden.

Die Vorarbeiten:

Neben den natürlich zu planenden Stunden, die die stoffliche Grundlage bilden sollten, galt es, einige Vorbereitungen zu treffen:

Zunächst wollte ich alle datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllen, so dass für mich nicht in Frage kam, die Schüler bei BookCreator mit ihrem privaten Google-Account anmelden zu lassen. Zwar verfügen alle Schüler bei uns an der Schule über einen Office 365-Zugang, aber auch das wollte ich nicht nutzen, weil ich komplett unpersonalisierte Arbeiten sicherstellen wollte.

Zu diesem Zweck erwies sich das Angebot “G Suite for Education” (ehemals Google Apps for Education) , das unserer Schule ebenfalls zur Verfügung steht (und in dem keinerlei personenbezogene Schülerdaten hinterlegt sind!), als äußerst hilfreich. Mittels CSV-Upload legte ich 20 Schüler-Accounts nach dem Schema “Schüler1@…”, “Schüler2@…” an, um allen Gruppen einen entsprechend anonymisierten Account zur Verfügung stellen zu können.

Beide Klassen wurden in Gruppen zu max. vier Schülern eingeteilt, die eines von 6 verschiedenen Themen auswählen konnten. Jede Gruppe erhielt dann einen entsprechenden Zugang.

Außerdem wurden allen Schülern via MS Teams die folgenden Kriterien erklärt und übermittelt. Dieses extrem leistungsfähige und im Schulalltag hilfreiche Tool diente auch zu Kommunikation über die Schule hinaus, um z.B. bei Problemen zu unterstützen.

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Außerdem wurde für jeweils zwei Stunden ein IT-Raum mit der Kapazität für eine ganze Klasse reserviert.

Der Umsetzungsprozess:

In einer einführenden Stunde konnten sich die Schüler im BookCreator anmelden. Zudem erhielten sie einen Invite-Code, um auf die Bibliothek des Lehrers zugreifen zu können.

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Einführend erhielten die Schüler einen kurzen Überblick über die Bedienung der Software. Da diese sehr einfach und intuitiv gehalten ist und die Schüler bereits über Basiskompetenzen verfügen, erwies sich die Bedienung als problemlos.

Sehr wichtig für die Umsetzung und im Hinblick auf das Endergebnis war es, dass alle Gruppen das gleiche Format für ihr Ebook wählten. Andernfalls ist es nicht möglich, am Ende alle Ergebnisse zu einem Ebook zusammenzufügen.

Die Schüler arbeiteten in den folgenden Stunden tatsächlich intensiv an ihren Ebooks. Besonders erfreulich dabei: Sie kommunizierten und kollaborierten engagiert, agierten als Team und motivierten sich gegenseitig.

Dank der Bibliotheksfunktion konnte ich die Arbeiten immer auf dem aktuellsten Stand verfolgen und den Prozess entsprechend begleiten.

Risiken:

Welche Risiken wurden eingegangen oder traten während des Prozesses auf?

Zunächst ist die Kollaborationsfunktion in der kostenlosen Basis-Variante nicht vorgesehen, so dass sich die Mitglieder einer Gruppe immer mit dem gleichen Account anmelden mussten. Hier war es also durchaus möglich, dass einer die Ergebnisse des anderen löschen oder verändern konnte. Da die angelegten Dummy-Accounts zudem alle über ähnliche Passwörter zugänglich waren, wäre auch ein Login einer anderen Gruppe in die Ergebnisse der einen Gruppe möglich. Hier verhindert aber ein intaktes Klassenklima einen Missbrauch, so dass das kein Thema wurde.

Ein anderes Risiko ist keines, das spezifisch für dieses Szenario gewesen wäre: In einem Team ist es immer möglich, dass sich einzelne zurücklehnen und andere die Arbeit erledigen lassen. Hier erweist es sich als Herausforderung, solche Tendenzen zu erkennen und gegebenenfalls entgegenzuwirken.

Allerdings zeigte sich, dass in beiden Klassen das Bewusstsein für die Notwendigkeit des eigenen Engagements vorhanden war. Ein großes Dankeschön geht in dem Zusammenhang an die Klassenleitungen und alle weiteren KollegInnen, die für dieses gute Klima in der Klasse mitverantwortlich zeichnen.

Das Resumé:

Bereits während der produktiven Phase konnte man beobachten, dass eine bemerkenswerte Arbeitsatmosphäre herrschte. Genau jene Punkte kamen zum Tragen, die man im Bereich der 4K erfüllt sehen möchte. Schüler arbeiteten tatsächlich intensiv zusammen, brachten ihre Stärken ein und identifizierten sich mit dem Projekt.

Auf Wunsch und mit ausdrücklicher Genehmigung der Schüler darf ich das Ergbnis hier veröffentlichen (und eine Klasse bestand darauf, die Namen zu erwähnen!). Da ansonsten keine Daten einzelnen Personen zugeordnet werden können und ein konkretes Beispiel mehr Aussagekraft hat als ellenlange Ausführungen, habe ich mich entschlossen, dem Schülerwunsch nachzukommen.

Entsprechend finden Sie hier das Ergebnis dieses Versuchs: 

Das Ebook der Klasse 10a 
Das Ebook der Klasse 10c 

 

Die Auswertung:

An unserer Schule ist es inzwischen glücklicherweise Usus, neue Methoden oder auch bestimmte Unterrichtsformen zu evaluieren und die Meinung der Betroffenen einzuholen. Entsprechend sind auch in diesem Fall im Folgenden die Ergebnisse einsehbar:

Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, dieser Versuch berechtigt mich zu sagen, wie die Prüfungen der Zukunft aussehen werden. Allerdings glaube und hoffe ich, dass mich diese Erfahrungen auf dem Weg dahin weiterbringen werden. Und wenn diese Zeilen den einen oder anderen dazu bewegen, darüber nachzudenken und mich zu korrigieren, bin ich äußerst dankbar!

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