Spricht man über Digitalisierung im schulischen Umfeld, so stößt man im Laufe dieser Diskussionen immer wieder auf die Möglichkeiten, die das Web und seine Technik gerade im Bereich Kommunikation bieten. Neben den bekannten und am häufigsten genutzten Wegen wie Email oder Social Media bieten so genannte VideoConferencing-Tools eine Menge neuer Möglichkeiten, die im Bereich der Wirtschaft längst zum Alltag gehören und dabei nahezu völlig akzeptiert sind.
Im schulischen Umfeld sieht dies freilich anders aus, obgleich die Anwendungsszenarien nicht weniger attraktiv zu sein scheinen. Denkbar wären …
- individuelle Betreuung von Schülern
- unterrichtliche “Versorgung” von kranken Schülern
- Online-Sprechstunden zur Prüfungsvorbereitung
- Online-Fortbildungen
- Dienstbesprechungen
- …
Ob und inwieweit diese Anwendungsbereiche sinnvoll sind, welche Chancen und Risiken sie bieten, ist dabei nicht Gegenstand dieses Artikel.
Es geht vielmehr um etwas Anderes:
Im Gegensatz zur Wirtschaft verfügt das schulische Umfeld nicht über Mittel, die den finanziellen Aufwand, den solche Angebote verursachen, abdecken. Aus diesem Grund habe ich mir in den vergangenen Wochen einzelne Angebote angesehen und versuche im Folgenden, meine Erfahrungen zu schildern.
Dabei erhebt meine Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann nur meine Eindrücke wiedergeben.
1. Citrix Gotomeeting
Link: https://www.gotomeeting.com/de-de
Angeblich eine der Referenzlösungen auf dem Markt.
Positiv:
- gute Performance
- Bedienbarkeit
- Steuerungsmöglichkeiten
Negativ:
- in der Free-Version nur 3 Slots
- keine Dateiablage
- sehr teuer
Fazit:
Bei meinen Tests erwies sich das Citrix-Angebot als brauchbar, aber für das Gebotene nicht wirklich überzeugend.
2. Skype
Link: https://www.skype.com/de/
Wer kennt Skype nicht? Durch ihre Verbreitung im privaten Bereich hat es die Software, die seit Jahren bereits zum Microsoft-Konzern gehört, (neben “googeln”) in den deutschen Duden geschafft: “Skypen” steht in diesem Standardwerk für “über das Internet telefonieren”. Aber ist diese Software auch für den Einsatz in der Schule tauglich?
Positiv:
- Einfach zu bedienen
- “Jeder hat’s, jeder kennt’s!”
- 25 Teilnehmer möglich
- Auf vielen mobilen Endgeräten vorhanden (Apps für Win, MAC, IOS, Android, Linux…)
- alle grundlegenden Funktionen verfügbar
- kostenlos
Negativ:
- absolutes Limit bei 25 Teilnehmern
- trafficlastig (Man sollte eine gute Internet-Anbindung haben! Datenflat schnell erschöpft!)
- “MSFT lauscht mit” ?
Fazit:
Für den schnellen Einsatz kaum zu übertreffen: Einfach, überall verfügbar – kurz: tut, was es soll!
3. Blizz
Link: https://www.blizz.com/de/
Diese Soaftware ist noch relativ neu auf dem Markt, stammt aber von einem Anbieter, der ebenfalls sehr bekannt ist: Teamviewer hat wohl schon so manchem eine Fahrt zu einem hilfsbedürftigen Mitmenschen erspart und genießt als Fernwartungstool nicht umsonst einen erstklassigen Ruf. Die hier besprochene VideoConferencing-Lösung basiert offensichtlich auf der gleichen Technik.
Positiv:
- 10 Teilnehmer zur privaten Nutzung frei
- großer Funktionsumfang
- gute Bedienbarkeit
- gute Performance
- sehr einfache Freigabe / schnelles Auffinden der Konferenzen
- scheinbar relativ humane Preise
Negativ:
- nicht 100% stabil
- schlechter Support
Fazit:
Diese Software kann alles, was man braucht und könnte auch im schulischen Umfeld erschwinglich sein. Kurz: Blizz sollte man im Auge behalten!
4. Adobe Connect
Link:http://www.adobe.com/de/products/adobeconnect.html
Eine der Platzhirsche auf diesem Gebiet vom BigPlayer Adobe: Sehr ausgereift und häufig eingesetzt.
Positiv:
- perfekte Moderationsmöglichkeiten
- Apps für Android und IOS verfügbar
- Übersichtlichkeit
- Performance
Negativ:
- keine Demo-/Free Accounts
- extrem teuer
- auf dem Desktop browserbasiert (Plugins müssen installiert werden und sind nicht immer voll funktional!)
Fazit:
Eine ausgereifte Lösung, die aber aufgrund der Lizenzkosten für Schulen unerschwinglich sein dürfte
5. Skype for Business
Nicht zu verwechseln mit dem “normalen” Skype: Dieses Angebot richtet sich – wie der Name schon sagt – nicht an den Privatanwender, sondern an professionelle Nutzer und hieß ursprünglich Lync, Es bringt alle in dem Bereich erforderlichen Funktionen mit und hat keine technische Deckelung bei einer gewissen Teilnehmerzahl.
Positiv:
- funktional
- Teil von Office365 (im Rahmen z.B. des FWU-Vertrages für Schulen damit ohne Zusatzkosten nutzbar!)
- Schnittstelle zum “normalen Skype” (User mit Skype-Account können an Skype-for-Business-Meetings teilnehmen)
- Performance
Negativ:
- Bedienung nicht immer logisch
- für Nutzer ohne O365 relativ schwer zu nutzen
- Freigabe/Zugang zu einem Meeting nicht trivial
Fazit:
Ein Angebot,.das durch die O365-Verzahnung attraktiv erscheint, dem es aber noch an Zugänglichkeit mangelt und das nur dann sinnvoll zu nutzen ist, wenn die ganze Schule in =365 abgebildet ist.
6. Appear.In
Link: https://appear.in/
Ein absoluter Newcomer: Das Angebot des Startups, das von 18 Leuten betreut wird, gibt es erst seit 2013 und bereits in dieser kurzen Zeitspanne (, die im IT-Bereich bereits eine Ewigkeit bedeutet ) konnte es zahlreiche Fans gewinnen.
Positiv:
- extrem niedriger Einstiegslevel
- keinerlei Registrierung erforderlich
- läuft auf nahezu allen Endgeräten
- browserbasiert
- kostenlos
Negativ:
- je nach Browser noch buggy
- Deckelung bei 8 Teilnehmern
Fazit:
Nicht umsonst bieten die H5P-Macher Appear.In als Content-Type in ihrem Angebot an: So muss Software 2017 sein: Keine Anmeldung, keine Installation und einfache Bedienbarkeit. Wenn die Macher das Produkt noch weiterentwickeln und die wenigen Fehler beseitigen, könnte Appear.In im schulischen Umfeld bald ein Standard sein!
7. Jitsi
Link:https://jitsi.org/
Jitsi verfolgt einen komplett anderen Ansatz, was seinen Vertriebsweg betrifft: Dieses Produkt ist unter als Open Source veröffentlicht und kann daher von jedem selöbst gehostet/installiert werden.
Positiv:
- Open Source (kein Data-Mining)
- bedienerfreundlich
- kostenlos
Negativ:
- Entwicklung verläuft teils etwas schleppend
- muss eigentlich auf einem eigenen (root-)Server installiert werden
- Performance
Fazit:
Eigentlich ein hervorragender Ansatz. Auch der Leistungsumfang würde für den schulischen Einsatz völlig ausreichen. Allerdings ist dieses Angebot dazu gedacht, auf einem eigenen (Ubuntu(Debian-)Server installiert zu werden, was weitergehendes technisches KnowHow sowie eine entsprechende Infrastruktur und möglicherweise weitere Kosten verursacht. Daher dürfte Jitsi (lässt man die Demo-Plattform außen vor) nur für die wenigsten Schulen interessant sein.
Zusammenfassung
Man wird es meinen kurzen Zwischenresumees schon entnommen haben: Mein momentaner Favorit ist ein alter Bekannter: An das normale Skype kam kein anderes Produkt heran. Auch unser erstes treffen bei #BayernEdu fand auf diesem “Weg” statt, hatten wir doch damit am wenigsten Einschränkungen, bot es uns doch die einfachste Möglichkeit des WebConferencing. Aber nimmt man den Einsatz an einer ganzen Schule ins Blickfeld, so ist die Sachlage anders gelagert: Sind z.B. 27 Schüler in einer Klasse und wollen tatsächlich alle teilnehmen, so scheidet Skype definitiv aus. Wir haben daher bei Blizz angefragt, ob eine spezielle Edu-Lizenz verfügbar ist. Leider haben wir bis heute keinerlei Antwort auf unsere Anfrage erhalten. So sind wir weiter auf der Suche nach einer geeigneten Lösung…. und wenn nicht alles schief läuft, könnte es sein, dass eine Software wie BigBlueButton – gehostet in einem zugänglichen Umfeld – unser Problem lösen könnte.
Ich hoffe, mein kleiner Überblick hilft dem einen oder anderen weiter. Wie gesagt: Er erhebt keinen Anspruch auf Voilständigkeit oder Fehlerfreiheit. Über Kritik, Erfahrungsberichte, Berichtigungen … würde ich mich sehr freuen!