In jüngster Vergangenheit wurde immer wieder mehr oder weniger prominent die Forderung nach einem kompletten Reset des Bildungssystems laut.
Nun leben wir glücklicherweise in einem freien Land, in dem jeder seine Meinung kundtun kann. Aber was in diesem Kontext auf einem bisweilen immer toxischer erscheinenden sozialen Netzwerk von so genannten Experten geäußert wird, lässt mich dann doch schon erstaunt – ja eigentlich schon schockiert zurück.
Möchte ich, dass sich was ändert? Muss sich etwas ändern?
Ja unbedingt! Ich gehe sogar noch weiter und behaupte:
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!
Prüfungsformate, das Rollenverständnis von Lehrern und Schülern, mehr Eigenverantwortung in den Schulen, ein Qualitätsmanagement, das die Bezeichnung tatsächlich verdient, … diese Aufzählung ließe sich (leider) beinahe unendlich fortsetzen.
Aber wie in so vielen Bereichen aktuell wird es mit radikalen Forderungen nicht gelingen, die Sache weiterzubringen.
Was ist mein Problem?
Das wiederum lässt sich sehr schnell auf zwei Punkte bringen:
Zum einen wird die Diskussion oft viel zu pauschal und oberflächlich geführt. Im Endeffekt wissen wir spätestens seit Hattie, dass die Lehrperson eine entscheidende Rolle spielt – und viel weniger das System. Man macht es sich zu einfach, wenn man fordert, das System müsse sich ändern, damit sich die Personen ändern.
Was mich zu Punkt zwei bringt: Egal, ob man der Meinung ist, das System müsse komplett neu aufgesetzt werden oder nicht: Die Diskussion ist komplett unsinnig und ignoriert die Realität: Es ist schlicht nicht möglich, ein System, das allein in Bayern 120000 Lehrkräfte umfasst, komplett auf links zu drehen. Das wird nicht gelingen – und das ist keineswegs dem Beamtenstatus geschuldet :relaxed: !
Respekt und die Politik der kleinen Schritte als Lösungsansatz
Ich habe keinen Masterplan, wie die (längst nötige) Reform unserer Bildung aussehen kann. Aber ich kann sicher sagen, wie eine solche nicht gelingen wird: Z.B. indem sich Leute im Netz respektlos gegenüber Kolleginnen und Kollegen verhalten, pauschal ganze Schularten verdammen und so tun, als hätten sie einen Einblick in die jeweiligen Schulen. Das ist nicht nur anmaßend – sondern soll auf so manchen Kollegen sogar abstoßend wirken… und an dieser Stelle sei an eine alte Faustregel aus dem IT-Bereich erinnert, deren Gültigkeit sich in meiner Erfahrung keineswegs auf diesen Bereich beschränkt:
Wer glaubt, er wüsste schon alles, hat einfach nur zu wenig Informationen.
Es wird darum gehen, gemeinsam einen Weg zu finden, wie ein unfassbar komplexes und großes Gebilde reformiert, weiterentwickelt, erneuert und verbessert werden kann. Das wird nur in (leider meist zu) kleinen Schritten gehen. Aber dass es funktioniert, beweisen nicht nur viele engagierte, uneitle, an der Sache interessierte Kolleginnen und Kollegen in der Community, sondern immer wieder aufs Neue solche, die fernab jeder NetzBubble eine tolle Arbeit leisten und dafür von Eltern, Kindern und Kollegien geschätzt werden.
Ich jedenfalls bin nicht bereit, in Radikalität, Pauschalierung, Unsachlichkeit und Ad Hominem-Sprech eine Lösung für die viel zu drängenden Probleme in unserem Bildungsbereich zu sehen.