Wireless auf den Beamer: Ein Erfahrungsbericht

Von | 18. Oktober 2018

Egal, welche Diskussion um Digitales in der Schule man führt: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass man mit dem Thema Infrastruktur konfrontiert wird. Neben der WLAN-Ausstattung stößt man dann unweigerlich auf die Frage, wie der Bildschirm eine Tablets, Laptops oder Smartphones für die Gemeinschaft sichtbar gemacht werden kann. Oder ganz einfach ausgedrückt: “Wie löst man das Problem des ‘Wireless Beaming’?” Im Allgemeinen besteht Einigkeit darin, dass eine kabelgebundene Lösung keine sinnvolle Lösung darstellt.

Die Ausgangssituation:

Basierend auf unserem #BYOD-Konzept verfügen alle am Schulalltag beteiligten Personen über ein digitales Endgerät. Dabei ist bewusst kein System vorgeschrieben, so dass IOS-, Android-; Windows- und Apple-Geräte bei den Nutzern vorhanden sind. Linux spielt aufgrund verschiedener Faktoren keine Rolle und wird im Folgenden bewusst vernachlässigt. WLAN in 2,4 GHz und 5 GHz sowie Internetzugnag mit 1GBit sind im gesamten Gebäude vorhanden.

Die Anforderungen:

Auf allen IOS-, Android-; Windows- und Apple-Geräten soll es möglich sein, ohne Adapter und Kabel-Verbindung Screenmirroring (= Spiegeln das gesamten Bildschirms) sowie das Abspielen Videos und Sound-Files möglich sein.

Unsere Lösungsansätze-/Versuche:

Aktuell haben wir zwei Systeme im Einsatz, von deren Erfahrungen ich berichten werde.
Weil die Anforderungen nicht erfüllt sind, schieden folgende Systeme für uns aus:

  • Apple TV: Unter Android nicht zuverlässig nutzbar!
  • Chromecast: Unter IOS nicht voll umfänglich nutzbar!
  • Microsoft Display Adapter: Unter IOS nicht voll umfänglich nutzbar!
  • diverse China-Sticks: Unzuverlässig!
  • Air Server auf PC im Klassenzimmer: Wir halten es nicht zuletzt aus Gründen der Energiebilanz für nicht zielführend, zum Zwecke der Bildübertragung einen eigenen FatClient zu betreiben. Die Funktionalität würde alle unsere Anforderungen erfüllen. Hier könnte sich künftig eine Lösung andeuten (siehe unten: Ausblick)

Lösung 1: EZ Cast Pro HDMI-Stick

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Die Geräte kosten um die 70 EUR, sind offiziell auf dem deutschen Markt erhältlich. In unserem Gebäude sind die Geräte flächendeckend im Einsatz.




System/Gerät

native Nutzung möglich (ohne App) Nutzung mit App Keine Nutzung möglch
Android nicht stabil unter Airplay/ stabil (miracast-Mode, aber Umschalten notwendig) stabil
IOS stabil (via Airplay) stabil
Windows nein stabil
MacOS stabil (via Airplay) ? (nicht getestet)
Linux nicht möglich nicht möglich x

Erfahrungsbericht:

Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, versuche ich, die Vor- und die Nachteile in Listenform zu beschreiben und mit den Erfahrungen zu verbinden.

positiv:

  • MHL-Fähigkeit: Durch einen Schalter lässt sich der Stick an einem MHLfähigen HDMI-Anschluss des Beamers betreiben ohne zusätzliche Stromversorgung!
  • Systemunabhängigkeit: Auf allen genannten Systemen (Windows, IOS, Android, MacOS) ist ein Spiegeln möglich und funktioniert auch zuverlässig.
  • Betrieb auch ohne WLAN möglich: Dadurch, dass der Stick ein eigenes WLAN erzeugt (AP-Funktionalität), muss kein externes WLAN vorhanden sein, um zu spiegeln. Dann ist logischerweise natürlich kein Internet-Zugriff möglich.
  • Software-Updates: Die Firmware der Sticks wird regelmäßig aktualisiert (z.B. um die Kompatibilität sicherzustellen). Diese lässt sich relativ komfortabel remote in der App einspielen, ohne dass ein Admin physikalisch an jeden Stick muss.
  • Zuverlässigkeit: Nach über einem Jahr und ca 40 Sticks im Einsatz haben wir bislang keinerlei Ausfälle.

negativ:

  • Übertragungsqualität: Sowohl von Delay also auch von der Auflösung her sind die jeweilig nativen Systeme (Apple TV für Apple-Geräte, Chromecast für Android…) besser. Allerdings ist die Qualität für uns noch immer akzeptabel, so dass es keinerlei systemkritische Beschwerden gab.
  • Sound-Problematik: Um den Sound sinnvoll nutzbar auszugeben, mussten wir einige Probleme lösen, die an sich nichts mit dem Stick zu tun haben, aber bei der Implementierung dennoch auftraten. Denn der Sound wird im Normalfall über den Beamer ausgegeben, was sich in einem Klassenraum als unzureichend erweist. Es wäre sinnvoll, wenn der Stick eine Möglichkeit bieten würde, den Sound auf einem anderen Wege auszugeben (per Klinke oder gesondert über Bluetooth). So mussten wir hinter jeden Beamer an die Ecke eine Aktivbox montieren, was an sich einen zusätzlichen Aufwand darstellte.
  • Youtube Wiedergabe bei Mirroring: Auf Android-Geräten wird bei Spiegelung über die App kein Sound ausgegeben. Dies lässt sich zwar bei Nutzung des App-Eigenen Browsers umgehen. Der Workaround ist aber alles andere als komfortabel, zumal der App-Browser etablierten mobilen Browsern wie Chrome oder Firefox deutlich unterlegen ist. Ähnlich verhält es sich bei mp4-Files. Dies kann aber durch Nutzung des Players in der App im Gegensatz zum Browser sehr einfach umgangen werden und stellt im Alltag kein Problem dar.

Insgesamt sind wir mit den EZ Cast Pro-Sticks bislang sehr zufrieden, wohlwissend, dass diese noch immer einen Kompromiss darstellen, der nach Verbesserungen ruft.

Lösung 2: Xiaomi MiTV-Box

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Die TV-Box von Xiaomi ist inzwischen z.B. auch bei Amazon erhältlich und kostet ca. 70 EUR. Auf der Box läuft natives AndroidTV, eine spezielle Android-Version, die für TV-Boxen konzipiert und angepasst wurde.

System/Gerät

native Nutzung möglich (ohne App) Nutzung mit App Keine Nutzung möglch
Android stabil nicht notwendig
IOS stabil (via Airplay) nicht notwendig
Windows nein stabil (mit Chrome)
MacOS stabil (via Airplay) nicht notwendig
Linux nicht möglich nicht möglich x

Erfahrungsbericht:

Die Box verfügt über eine native Chromecast-Implementierung, d.h. sie verhält sich aus Sicht eines Endgerätes exakt wie die bekannte und beliebte Hardware aus dem Hause Google. Um auch das Airplay-Protokoll zu unterstützen, ist über den Playstore eine Installation einer App notwendig, die dann als Service im Hintergrund läuft und die MiTV-Box unter IOS als Apple-TV erscheinen lässt. Wir verwenden aktuell die App AirPin (Hersteller WaxRain).

positiv:

  • Performance unter Windows/Android: Durch die native GoogleCast-Implementierung können alle Vorteile der Google-Technik genutzt werden, was sich in einer hohen Performance und sehr guter Bildqualität äußert. Auch unter IOS können diese Vorteile in den dafür freigeschalteten Apps (hauptsächlich von Google) genutzt werden (leider nicht zu Mirroring, sondern nur zum Streamen).
  • Systemunabhängigkeit: Auf allen genannten Systemen (Windows, IOS, Android, MacOS) ist ein Spiegeln möglich und funktioniert.
  • Implementiert ein komplettes SmartTV: Durch das vollwertige System und die Fernbedienung, die zudem Sprachsteuerung unterstützt, ist es häufig nicht mehr nötig, ein Endgerät zu nutzen. Youtube oder diverse Mediatheken können so sehr komfortabel genutzt werden.
  • Software-Updates: Durch das native, unveränderte AndroidTV-System kommen regelmäßig Updates direkt von Google beim Nutzer an und halten das System aktuell.

negativ:

  • Softwarekonfiguration: Airplay basiert wie oben beschrieben auf einer Softwareimplementierung. Die App an sich macht einen ausgereiften Eindruck, jedoch ist diese nicht offiziell von Apple autorisiert. Somit können immer wieder, gerade nach IOS-Updates, Probleme bei der Übertragung bei Apple-Geräten auftreten. Da die App nicht immer sofort zeitnah aktualisiert wird, kann dies den Apple-Nutzer ziemlich nerven.
  • Fernbedienungsärger: Bei flächendeckendem Einsatz kann eine zusätzliche Fernbedienung (zu der des Beamers) für Verwirrung sorgen. Diverse “Schüler-Späße” mit Infrarot-Blastern (wie sie häufig in Android-Handys anzutreffen sind) sind eine weitere Quelle möglichen Ärgers.

Wir nutzen diese Konfiguration in zwei Räumen und sind bis dahin zufrieden. Allerdings ist für uns auch klar, dass diese Lösung (nicht nur wegen des “Bastel-Charakters”) keine flächendeckende sein kann. Dazu ist zu viel Verwaltungs- und Pflegeaufwand notwendig. Persönlich sehe ich diese Lösung aber als die bislang beste an (solange ich sie persönlich warten kann!).

Ausblick

Noch immer gibt es nach meinem Kenntnisstand keine Lösung auf dem Markt, die zu realistischen Preisen alle Systeme in bester Qualität bedienen kann. Der AirServer wäre zwar eine Möglichkeit. Jedoch ist ein vollwertiger Client in jedem Klassenzimmer, der permanent in Betrieb ist, um ein Bild weiterzureichen, meiner Meinung nach aus verschiedenen Gründen nicht akzeptabel: Die verbrauchte Energie ist dabei nur ein Argument, ein anderes wäre der Administrationsaufwand, der bei einem fest installierten Gerät in jedem Klassenzimmer zu leisten ist. Unser Konzept basiert auf der Grundvoraussetzung “Keep it simple”, was unter anderem bedeutet, dass sich jede Lehrkraft in dem ihr vertrauten (Software-)Umfeld bewegt. Clients, die fest in Klassenzimmern stehen und für “alle Fächer/Lehrkräfte” nutzbar sein sollen, stehen diesem Ansatz diametral entgegen.

Die Lösung könnte sich andeuten: Vom Hersteller des AirServer gibt es inzwischen eine Hardware-Implementierung, die den Fat-Client überflüssig macht und damit genau dies im vorigen Absatz angesprochene Problem lösen könnte (https://www.airserver.com/Connect). Es gäbe zwar auch noch die Möglichkeit eines EmbeddedLinux-Ports, aber das ist momentan ebenfalls nicht flächentauglich. Einziges Problem der Hardware-Box: Diese kostet momentan noch über 300 EUR, was für viele Schulen pro Raum möglichweise nicht zu finanzieren sein wird. Wir werden diesbezüglich aber am Ball bleiben und die Entwicklungen verfolgen.