Diese Zeilen fallen mir zugegebenermaßen schwer: Könnten sie doch Wasser auf die Mühlen derer sein, die sich einer Unterrichtsentwicklung verweigern und am liebsten so weitermachen würden, “wie es schon immer war”, eben “weil es schon immer so war”.
Aber zu einer Entwicklung gehört allein schon aus Verantwortung allen Beteiligten gegenüber, diese kritisch zu hinterfragen und auch unangenehme Ergebnisse anzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren.
Doch genug des Vorgeplänkels: Um was geht es tatsächlich?
Unsere ganze Schule hat seit März und eigentlich auch lange davor im Bereich Unterrichtsentwicklung und digitaler Transformation sehr viel geleistet und auch erreicht.
Das ist kein narzisstisches Gelaber, wie es mir zutiefst zuwider ist, sondern schlicht eine Beschreibung dessen, was in allen Daten unseres und auch eines externen Qualitätsmanagements bescheinigt wurde.
Exemplarisch sei folgende Statistik angeführt:
Ich bin froh, solche Kolleginnen und Kollegen und solche SchülerInnen und Eltern zu haben.
Ursächlich war ein über Jahre entwickeltes und gewachsenes Konzept zur Weiterentwicklung des Unterrichts, das unter anderem digitale Methoden und Werkzeuge beinhaltete und es uns ermöglichte, “Unterricht dahoam” relativ schnell und effizient anzubieten. Hauptkommunikationskanal: MS Teams.
Das mittelfristig sichtbare große Aber…
Fernab von Datenschutzunwägbarkeiten und neurotischen Didaktikern stellt sich nach inzwischen sieben Monaten “Hardcore-Erfahrung” eine Erkenntnis ein, die wir so tatsächlich nicht auf dem Schirm hatten: Es baute sich bei SchülerInnen wie Eltern eine Erwartungshaltung auf, die inzwischen eine nicht zu unterschätzende Gefahr bedeutet. Dazu ein einfaches Beispiel:
Ein Schüler befindet sich krank zuhause und möchte keine Inhalte verpassen. Die Lehrkraft der zweiten Stunde unterrichtet regulär in der Klasse und hat anschließend noch drei Stunden Unterricht. Bereits in der dritten Stunde erkundigen sich die Eltern des kranken Schülers, wo denn die Materialien sowie die Unterstützung für ihren kranken Sohn bleibt.
Diese Erwartungshaltung ist nicht nur rein praktisch durch die Lehrkraft nicht zu erfüllen, sie wirkt weit stärker: Sie führt zu Überforderung, zu Unzufriedenheit und im Extremfall zum Verlust der Fähigkeit, abschalten zu können. Dabei muss man sich noch nicht einmal ausmalen, wie sich die Lage verschlimmern würde, wäre in jeder unterrichteten Klasse ein kranker Schüler mit einer derartigen (prinzipiell verständlichen und sogar löblichen!) Einstellung.
Dazu kommt der Zustand des “Always Online”, der in Corona-Zeiten bisweilen bizarre Züge annimmt, wenn Eltern nachts nachfragen, wie mit dem symptomatischen Kind zu verfahren ist.
Wir haben darauf mit einem Maßnahmenkatalog reagiert, in dem wir gemeinsam mit den SchülerInnen und Eltern auf die Probleme hingewiesen und uns klare Regeln gegeben haben, wann eine Lehrkraft in der Verantwortung ist und wann garantiert nicht.
Was tun?
Die Schattenseite von schulischer Social Media wie Teams gilt es zu beachten und konzeptionell im Sinne eines “Digital Detox” zu berücksichtigen, will man verhindern, dass sich Vernetzung und stark verbesserte Erreichbarkeit als Rohrkrepierer oder Bumerang erweisen.
In einem weiteren Post werde ich bei entsprechendem Interesse unsere Erfahrungen mit der Weiterentwicklung des Konzepts basierend auf den geschilderten Erfahrungen zum Besten geben!