Ge(t)witter im PLN-Land: Was mich an Twitter nervt…

Von | 15. Dezember 2018

Nicht erst seit einem twitterwütigen Neurotiker im Oval Office stelle ich mir die Frage, ob man komplexe Themen und vor allem Botschaften tatsächlich in einen Tweet packen kann oder sollte. Das bouledardesque Reduzieren eines (meist komplexeren) Gesamtzusammenhanges auf eine Schlagzeile ist eine Kunst, die mal besser mal weniger gelingt. In welchem Verhältnis das z.B. in der Bild-Zeitung funktioniert, muss jeder für sich entscheiden. Tatsache ist: Es ist eine Kunst!

Ich bitte den Leser an dieser Stelle, meine Bewunderung für die Reduktion nicht mit einer für Deutschlands größtes Boulevard-Blatt zu verwechseln. Da beschränkt sich meine Bewunderung tatsächlich meist auf den Sportteil Winking smile

Aber zurück zum Thema: Daher halte ich es nicht für zielführend, ja sogar kontraproduktiv, politische Diskussionen auf Twitter zu führen. Da das aber Sache jedes Einzelnen ist, muss das auch jeder für sich entscheiden. Ich für meinen Teil versuche, diesen Teil des Twitterlebens auszublenden und mitunter abzublocken, weil ich es aus beschriebenen Gründen eben nicht will. Oder um konkret zu werden: An mir ist das bisweilen peinliche Gezwitschere einer Berliner Staatssekretärin ebenso vorübergegangen wie der ebenso inakzeptable Shitstorm von rechtsextremen Luftpumpen ihr gegenüber.

Stichwort inakzeptabel: Inakzeptabel wird es für mich dann, wenn Leute, denen ich folge, um als Mitglied einer Kultur des Teilens im Bereich der Bildung zu lernen, ideologisch monokausale, einseitige politische Botschaften in die Welt blasen, deren Komplexitätsgrad man in Twitter nicht gerecht werden kann. Oder anders formuliert:

Es gibt selten auf komplexe Fragen wirklich leichte Antworten, leichtfertige dagegen viel zu häufig!

“Das macht doch der liebe Donald auch … und auch der Regierungssprecher!” könnte man entgegnen. Das entspricht der Realität: Aber erstens folge ich denen nicht, weil sie nicht Teil meines PLN sind. Und zweitens erwarte ich von denen, die Teil einer Community wie dem #twitterlehrerzimmer oder #bayernedu sind ein Mindestmaß an Medienkompetenz: Die 4K sind eben kein Unterrichts-, sondern Alltagsinhalt und schreien danach, an 24 Stunden pro Tag Anwendung zu finden.

Daher erwarte ich von Leuten, mit denen ich gemeinsam lernen will:

  1. Respekt jedem (andersdenkenden) gegenüber ohne Überheblichkeit oder Besserwisserei.
  2. Verantwortungsbewusstsein: Was bewirke ich mit meinem Tweet? Was will ich bewirken? Ist ein etwaiges Delta ein Problem?
  3. Fähigkeit zum Diskurs
  4. die Einsicht, dass Twitter eben kein geeignetes Mittel zur politischen Diskussion ist.
  5. das Wissen, dass man Hashtags nicht zweckentfremdet.

Oder um es mit zwei Sprüchen von Werner Heisenberg auf den Punkt zu bringen:

Nur wenige wissen, wie viel man wissen muss, um zu wissen, wie wenig man weiß.

Ein Fachmann ist ein Mann, der einige der gröbsten Fehler kennt, die man in dem betreffenden Fach machen kann und der sie deshalb zu vermeiden versteht.

Und so habe ich für mich – wohlwissend, dass eine Filterblase eben auch eine Art Monokultur sein kann – die Entscheidung getroffen, Leute, die meinen, ihre ideologischen Ergüsse in die Umlaufbahn pusten oder alle anderen belehren zu müssen, zu ignorieren.

Nicht, weil ich politisch uninteressiert wäre, und auch nicht, weil ich nicht gerne diskutiere, sondern einfach, weil ich keine Lust habe –  um ein Bild zu bemühen – “auf dem Tennisplatz Karten zu spielen”.