Dienstgeräte für LehrerInnen – Bitte nicht jetzt!

Von | 15. August 2020

Nein, auch wenn es sehr nach Clickbait aussieht, es ist wirklich so gemeint: Unter den aktuellen Umständen halte ich die Anschaffung von Dienstgeräten für Lehrerinnen und Lehrer nicht für die drängendste Maßnahme, um die digitale Transformation im Bildungssystem anzugehen.

Ist er jetzt verrückt geworden? Was will er denn?

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich bin kein Gegner von Dienstgeräten, halte den Zeitpunkt unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen aber für ungeeignet. Der Grund ist ganz einfach: Solange die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht so geklärt sind, dass eine Lehrkraft rechtssicher das vorhandene Gerät einsetzen kann, macht das Ganze keinen Sinn! Und um es vorweg zu nehmen: Die dazu nötigen Maßnahmen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Frage des Geldes!

Welche Fragen sind denn offen?

Oje, ich wollte die Antwort darauf könnte kürzer ausfallen. Aber ich werde mich auf die wichtigsten Punkte beschränken, um ein TLDR zu verhindern 😉

  • Datenschutz:
    • Welche Software ist zur Nutzung freigegeben?
    • Was darf man nicht?
    • Passen die beiden genannten Punkte irgendwie zu den pädagogischen und inhaltlichen Anforderungen des schulischen Alltags?
  • Urheberrecht:
    • Nach wie vor herrscht große Verunsicherung bei den Lehrkräften, was man darf und was nicht. Kann hier eine einfach handhabbare Rechtssicherheit herbeigeführt werden? Sichtwort: Klassenraumfreiheit! (Gegenwärtig eine Utopie!)
  • Arbeitsrecht:
    • Nach aktuellem Stand wird bei Nutzung eines digitalen Endgerätes jeder Arbeitsplatz eines Schülers oder Lehrers zu einem EDV-Arbeitsplatz mit entsprechenden Vorschriften. Ist den politisch Verantwortlichen klar, was das bedeutet?
    • Zitat eines Regierungsmitarbeiters nach der Haftungsfrage im Rahmen der Erstellung unseres BYOD-Konzepts: „Am sichersten ist man, wenn kein Schüler ein Endgerät nutzen würde, weil bei einer Beschädigung (z.B. durch eine Lehrkraft) keine Haftung übernommen werden kann. Das ist schlicht nicht Teil unserer Versicherung. Diese beschränkt sich ausschließlich auf z.B. Brillen!“
      Das Problem ist offensichtlich 😉
  • Brandschutz:
    • Ist allen Beteiligten klar, dass der Einsatz von Endgeräten mit Akku eine Anpassung des Sicherheitskonzepts und damit in letzter Konsequenz auch veränderte Sicherheitsübungen erforderlich machen?
    • Ein Akku darf nicht einfach mit einem mitgebrachten Netzteil geladen werden. Dieses müsste speziell überprüft werden vor Gebrauch!

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist gefragt

Dies ist nur ein kleiner Überblick fernab von technischen und steuerpolitischen Fragen, der zeigen soll, dass es darum gehen muss, die Lehrkräfte zu schützen und nicht sich selbst zu überlassen, um sie dann nach Vorbild des thüringischen Datenschützers verschiedenster Vergehen zu bezichtigen (auch wann man bis heute davon nichts mehr gehört hat!)

Bevor die Beschaffung beginnen kann, muss meiner Meinung nach die Forderung lauten: Klärt die Rahmenbedingungen so ab, dass die Kolleginnen und Kollegen wissen, worauf sich einlassen dürfen und womit sie rechnen müssen. Nur dann kann man auch eine Verbindlichkeit schaffen, die eine wirksame digitale Transformation erst möglich macht!

Ein Gedanke zu „Dienstgeräte für LehrerInnen – Bitte nicht jetzt!

  1. Herr Rau

    Erfrischend vernünftig! Will heißen, ich stimme zu. 🙂 Auch die Ansicht im Blogeintrag davor teile ich.

    Ich weiß gar nicht, wo dieser Wunsch nach Dienstrechner so plötzlich herkommt. Ist es der Wunsch nach Wertschätzung für geleistete Arbeit derer, die eh schon viel mit dem Privatrechner machen; oder das Verlangen, diejenigen zum Rechner zu treiben, die das bisher vermieden haben?

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